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Heute ist Mittwoch, der 14.August

Und Donnerstag, der 15. August

- Der Tag, als ich über die Wale nach Neuseeland flog -

- Und der Chaostag, als ich ins Auenland kam -

Als der König und die Königin heute morgen das Resort verließen habe ich sie fotografiert - aus der Hüfte geschossen fiel das nicht auf.

Nach dem Frühstück bekomme ich noch einmal einen Schreck: die Dame des Hauses meint, mein Flug zur Hauptinsel sei zwar heute, der anschließende Flug nach Neuseeland sei erst morgen. Auf meinen Protest hin rief sie bei Air New Zeeland an und konnte den Flug auf heute Abend 19Uhr20 verlegen!

Jürgen fuhr uns zum Flughafen. Zuerst besuchten wir aber noch die Landwirtschaftsausstellung des Ortes, wegen welcher der König auf der Insel anwesend war. Um einen großen Dorfplatz waren die Stände und die Zelte aufgebaut, auf dem Platz fanden farbenfrohe Tanz- und Musikvorführungen in traditionellen Gewändern statt. König und Königin ließen alles in stoischer Ruhe über sich ergehen. In einer achtsitzigen Maschine ging es dann wieder über den Pazifik und man hatte eine sehr schöne Sicht auf die vielen Riffe und Atolle dieser Gegend. Plötzlich erblickte unser Pilot eine Gruppe Wale: sofort setzte er zum Tiefflug an und drehte eine Runde über die Tiere, die sich an der Wasseroberfläche spielerisch drehten, Fontänen ausbliesen, auf dem Rücken schwammen und aus dem Wasser sprangen. Wir waren begeistert und ließen laute Rufe der Freude von uns.

Mein Flug nach Neuseeland sollte um 19Uhr40 starten. Aber zuerst musste ich mein Ticket vom vergangenen Tag auf den heutigen Tag umbuchen. Die Schalter öffneten erst um 18Uhr, und dann musste ich noch zwei Stunden an Schalter stehen, bis ich jeder Angestellten und jedem Manager mein Problem erklärt hatte, worum es ging. Tonganer haben es nicht so mit der Eile und von Jürgen hatte ich gelernt, dass man sie auch nicht drängen darf. Es war viel Geduld und ständiges Nachfragen nötig, damit ich um 20Uhr mein neues Ticket in der Hand hielt. 20Uhr? Und das Flugzeug nach Auckland? Kein Problem! Das Flugzeug konnte wegen technischer Probleme nicht kommen! Wir hatten also viiiiiiel Zeit! In dieser Zeit konnte man die mitreisenden Menschen kennenlernen, und ein älteres Ehepaar polynesischer Abstammung lud mich sogar in ihre Wohnung in Auckland ein, da ich ihnen erzählte, dass ich nachts um 3 Uhr weder meinen Mietwagen bekomme (Öffnungszeit 5 Uhr) noch um diese Zeit in meinem Gästehaus auftauchen kann. Irgendwann drang durch dass ein Ersatzflugzeug geschickt werden sollte. Um Mitternacht konnten wir endlich einsteigen, und um 2Uhr40 erreichten wir das schlafende Auckland. Schlafen konnte ich nicht - der sowieso schon enge Sitz wird noch knapper, wenn ein Tonganer neben einem sitzt. Sie sind berühmt für ihre Leibesfülle. Zum Glück saß nur eine junge Frau neben mir, die beide Armlehnen für sich in Anspruch nahm bzw. nehmen musste.

Ich war nun endlich in New Zealand angekommen, mein Koffer allerdings nicht! Nach einer Stunde Wartezeit am Gepäckband stellte sich für insgesamt sieben Mitreisende heraus, dass unsere Koffer nicht erschienen. Leider war außer den Herrschaften vom Zoll, die dafür nicht zuständig waren, niemand anwesend, der uns hätte helfen können. Der Bagage-Service-Schalter war geschlossen. Schließlich nahm ich das Notruftelefon von der Wand ab und erklärte dem Notfallmanager unser Problem. Er versprach, sich an die Fluglinie Air Newzealand zu wenden. Eine Viertelstunde kamen wieder Koffer auf dem Laufbahn - nur eben nicht unsere. Kein Mensch holte diese neuen bzw. alten Koffer ab! Wir warteten - und warteten...

Wo waren die Koffer geblieben? Hier auf dem Airport? Noch im Flugzeug? Noch in Tonga? Oder in einem anderen Flugzeug nach Honolulu oder sonst wo hin? Oder gar gestohlen???

Im Koffer waren vor allem die Ladegeräte für Netbook und Smartphone, meine Verbindung zur Heimat und zur Reiseagentur. Und der Akku wird bekanntlich immer dann knapp, wenn ein Notfall eintritt!

Um halb fünf kamen zwei Angestellte vom Bagage-Service und nahmen gemächlich unsere Daten und die Gepäckbeschreibung auf. Um 5Uhr30 konnte ich dann nach einem Früh-Imbiss bei Mac Donalds mit meinem Mietwagen endlich losfahren: nachts , fremde Stadt, Steuer rechts, Blinker rechts, Linksverkehr, rechts überholen, im Kreisverkehr links herum, beim rechts abbiegen wieder auf die linke Spur kommen... und das alles ohne Schlaf, aber zum Glück mit einem deutschsprachigen Navi. Mein erstes Ziel war das Bavaria Guest House, in welchem ich für die letzte Nacht angemeldet war, und nun hoffte dass sie mich an diesem frühmorgen noch aufnehmen würden. Tatsächlich bekam ich ein Zimmer und konnte wenigstens drei Stunden schlafen, um dann ein gutes Frühstück zu mir zu nehmen. Helma, die Dame des Hauses war aus Holland und konnte ganz gut Deutsch. Am Nachbartisch lernte ich ein Lehrerehepaar aus Deutschland kennen, die für 14 Tage ihren Sohn in Auckland besuchten. Wir hatten viel zu erzählen und konnten unsere Erlebnisse austauschen. Ich hatte Helma gebeten, am Flughafen mitzuteilen, dass sie im Falle eines Kofferfundes sich im Bavaria Guest House melden sollten - und oh Wunder, mein Koffer war gefunden worden. Wo? Weiß ich nicht! Warum? Weiß ich nicht! Eine Stunde später wurde mein Koffer geliefert und ich war wieder komplett!

Sogleich machte ich mich auf die Fahrt nach Paihia, einem malerischen Städtchen im Norden der Nordinsel. Jetzt verstehe ich, warum der Regisseur Peter Jackson die Geschichte Tolkiens von den Hobbits hier drehte: ständig wird man durch die sanften grünen Hügel, die riesigen und teilweise sehr dicken Bäume, die kleinen moosgarnierten Bäche, die verblüffenden Farnbaumwälder an das Auenland der Hobbits erinnert.

In Paihia wohnte ich theoretisch seit gestern, praktisch nun ab heute in der Appledore Lodge, einem malerischen Häuschen an einem romantischen Fluss mit Wasservögeln, die auch ins Zimmer kommen können, wenn man nicht aufpasst. Die Hausherrin begrüßte mich sehr freundlich und ich merkte, wie meine englischsprachlichen Erzählungen meiner Odyssee immer flüssiger liefen. Ich glaube, heute Abend gehe ich früh ins Bett ...